Dass Agilität schon lange keine Modeerscheinung mehr ist, haben junge, agile Unternehmen wie z.B. Spotify (Link zum Spotify Agilitäts- und Entwicklungsblog) mehr als unter Beweis gestellt. Ist eine agile Unternehmensstruktur und somit letztendlich auch eine agile Unternehmenskultur aber nur etwas für moderne Start-ups, Software-, bzw. Technologie-Unternehmen? Funktioniert eine Struktur und Kultur der Agilität auch in der Versicherungswirtschaft, in der Lebensmittelindustrie oder bei einem traditionellen Automobilzulieferer?
Grundsätzlich glaube ich, dass der s.g. „Taylorismus“ aus dem 19. Jahrhundert ausgedient hat.
- Radikale Arbeitsteilung: Trennung von Management- und ausführender Arbeit
- Systematische Auswahl und Zuweisung von Arbeitskräften nach Prozessschritten
- Kontrolle der ausführenden Arbeit durch das Management
- Leistungsorientierte Lohndifferenzierung
Überträgt man heute diese Punkte auf die Führung von Vertriebsorganisationen, sind die Prinzipien von Frederick Taylor immer noch zentrale Basis vieler Vertriebs- und Unternehmenskulturen. Vertriebsstrategien und Inhalte eines Vertriebsprozesses werden für die Vertriebsmitarbeiter vom Management „vorgedacht“, Vertriebsmitarbeiter werden von der HR-Abteilung danach ausgewählt, ob ein Mitarbeiter zu der Branche und den Prozessen im Unternehmen passt. Vertriebsprozesse sind so angelegt, dass sie mittels KPI’s und CRM-Systeme leicht kontrolliert werden können und Lohnbestandteile sind gerade im Vertrieb sehr stark leistungs- bzw. ergebnisorientiert.
Agilität ist ein Merkmal des Managements einer Organisation, flexibel und darüber hinaus proaktiv, antizipativ und initiativ zu agieren, um notwendige Veränderungen einzuführen.
Wie können nun moderne Vertriebsorganisationen in einer agilen Welt geführt werden? Welche Ansätze hinsichtlich von Zielen im Vertrieb gibt es für die Zukunft und welchen Einfluss haben im Besonderen persönliche Ziele vs. Team-Ziele?
Ich denke, dass die Einführung von agilen Methoden wie z.B. Scrum, Design Thinking, Business Model Canvas oder Lean Start-up, ein wertvoller Schritt für viele Unternehmen und Vertriebsorganisationen ist, neue Wege im Vertrieb und in der Kundenbetreuung zu gehen. Werden aber zentrale, kulturelle Themen in einer Unternehmens- und Vertriebsorganisation nicht angegangen, bleibt es aber auch nur bei der Einführung von weiteren Methoden, deren volles Potenzial nicht wirklich entfalten kann.
Im Folgenden habe ich Unternehmensmerkmale von s.g. klassischen Unternehmen derer mit modernen Strukturen gegenübergestellt.
Hieraus abgeleitet hat Revenue Maker das „agile Manifest im B2B Vertrieb“ entwickelt. Dieses Manifest soll als Grundlage einer agilen Vertriebskultur und -struktur dienen. Hierbei ist es egal, welche agilen Methoden im Unternehmen letztendlich eingeführt werden oder bereits wurden. Agile Methoden sind „Werkzeuge“ – die nach innen und außen gerichtete Kultur eines Unternehmens ist das zu bearbeitende „Werkstück“.
Mehr Ergebnisse als 105% Sicherheit
Viele Vertriebsorganisationen werden immer noch sehr „risikoavers“ geführt. „Lieber keine Entscheidung treffen als eine falsche Entscheidung“ scheinen das typische Manager-Mantra in vielen Unternehmen zu sein. Agilität bedeutet nun aber nicht, dass man sich blindlinks in jedes Abenteuer stürzen muss. Wichtig ist mehr Mut und auch Selbstvertrauen einzelner Mitarbeiter. Dies erhalten sie aber auch nur dann, wenn sie weniger Angst haben.
Mehr Kollaboration als interne Prozesse
Gerade die Ausrichtung auf eine kooperative Zusammenarbeit mit Kunden wird die zentrale Aufgabe im B2B-Vertrieb der Zukunft werden. Unternehmen müssen ihre Fokussierung von einheitlichen, strukturierten Vertriebsprozessen auf eine kooperative, agile Zusammenarbeit mit Kunden richten. Selbstverständlich müssen Vertriebsmitarbeiter hierbei auch die richtigen Werkzeuge benutzen, aber die Kollaboration mit Kunden darf letztendlich nicht in zu enge, unflexible Prozesse gepresst werden. Denn wie sagt man in Köln: „Jede Jeck is anders.“ Das gilt auch für Kunden.
Mehr Kundenkontakt als Vertragsabschluss
Gerade die Betreuung und der Ausbau von Bestandskunden bietet heute das größte Wachstumspotenzial für Unternehmen. Doch häufig ist der Vertrieb mit seiner Hauptmotivation (nur) auf den Vertragsabschluss fokussiert. Die nächste Ausschreibung wird dann wieder mit hohem, internen Aufwand bearbeitet, anstatt unterjährig mit dem Kunden wertvolle Ansätze und Ideen zu entwickeln, die dazu führen, dass ein Kunde ggf. sogar längerfristige Verträge mit einem Lieferanten unterzeichnet.
Mehr Dynamikrobustheit als Plan
Was tun wir, wenn morgen unser bester Kunde nicht mehr mit uns arbeitet? Ist dieses unvorstellbare Szenario wirklich so unmöglich? Vertriebsorganisationen müssen sich deutlich mehr mit Krisenszenarien und s.g., „Black Swans“ beschäftigen, als nur rein auf die Vergangenheit und Excel-Tabellen zu vertrauen. Planung ist wichtig, notwendig und gut. Aber zusätzlich auf den „worst case“ vorbereitet zu sein ist besser.
Um dieses agile Manifest im B2B Vertrieb zu unterstützen, empfiehlt Revenue Maker diese 8 Führungsprinzipien umzusetzen
- Mitarbeiter zum (Problem)-Denken ermutigen.
Was tun wir, wenn ein worst case Szenario eintritt? - „Go and see yourself“ – ein persönliches Bild verschaffen anstatt auf Hörensagen zu verlassen.
„Unsere Kunden wollen nicht, dass wir…“ – Stimmt das? Reden Sie mit Ihren Kunden darüber. - Kundenzentrierung im Vertrieb und dem ganzen Unternehmen praktizieren.
Einführung von interdisziplinären Kundenteams mit umfassender Kundenverantwortung über den Verrieb hinaus. - Fehlerkultur vorleben.
Einführung von „Fuck-up Nights“ – Fehler sind Bestandteil unserer Kultur - Einfach mal machen statt lange zu planen.
Nicht die 105% Lösung suchen, sondern Mut und Geschwindigkeit in der Umsetzung einfordern. - Disagree and commit – nicht alles zerreden, sondern machen.
„Ich habe keine gravierende Einwände, also ist die Entscheidung getroffen“. - Regelmäßiges Feedback – Reviews und Retroperspektiven.
Was war gut, was war schlecht – und was können wir für die Zukunft daraus lernen? - Ziele und Leitbilder entwickeln und klar kommunizieren.
Was ist unser „Purpose“ und wie wollen wir diesen erreichen?
Die Antwort auf die Eingangs gestellte Fragen, ob bei Agilität und Vertrieb zwei Welten aufeinander treffen, möchte ich so beantworten:
Wenn der Vertrieb es nicht schafft, die Strukturen und vor allem die Vertriebskultur der letzten Jahrzehnte abzustreifen, wird es ein „Clash of Culture“ bleiben. Agilität in dem Grundverständnis ist für den Vertrieb eine große Chance, gerade wenn es um den Ausbau und die Bindung von Bestandskunden geht.
Möchten Sie mehr über unsere Ansätze für eine agile, moderne Vertriebskultur und Vertriebsorganisation erfahren. Gerne stehen wir für ein Gespräch zur Verfügung.
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