Geht raus und schießt mehr Tore.
Dieser Tage erreichte uns ein Brandbrief, der von einem Geschäftsführer an die gesamte Außendienstmannschaft versandt wurde. Über vier Seiten! echauffierte sich dieser, warum so wenige Neukunden gewonnen wurden. Ja, man hat die Umsatzziele zu 100% erreicht, aber damit dürfe man sich doch nicht zufrieden geben. Schließlich herrscht sei Jahren in Deutschland eine hervorragende Konjunktur, die quasi die Vertriebsziele von alleine erledigt.
Trotz „unverschämt teuren Vertriebsincentives, Unsummen die man für Training und Schulung ausgibt“, wäre der Vertrieb nicht motiviert, neben der Bestandskundenentwicklung wenigstens 4 Neukunden in der Woche zugewinnen. Es wird dem Großteil der Mitarbeiter zudem vorgeworfen, dass ihnen die Entwicklung des Unternehmens geradezu gleichgültig ist. Aufgrund dieser „desaströsen Entwicklung“ (NOCHMAL: 100% Zielerreichung) stellt man in der Geschäftsleitung nun den gesamten Außendienst in Frage.
Ich stelle nun die Frage, ob es letztendlich an den Verkäufern liegt oder ob man nur hohe Ziele und keine Wege zur Zielerreichung kommuniziert hat?
Ich vergleiche es mit einem Fußballtrainer. Würde ein guter, erfolgreicher Trainer zu seiner Mannschaft in der Halbzeit sagen „Geht nun endlich raus und schießt verdammt nochmal mehr Tore!“?
Diese Art von Führungsmethoden scheint auch im Jahr 2018 in Unternehmen weiterhin zu existieren. Ja, vielleicht haben diese Führungskräfte ihren „Spielern und Spielerinnen“ in zahlreichen Trainings, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen genau diese Taktik erläutert. Ich persönlich glaube aber, dass heutzutage stumpfe Vertriebstrainings mit altbekannten Methoden SINNLOS sind. Warum?
Weil jeder der Vertriebsmitarbeiter spätestens in der On-Boardingphase Themen wie Bedarfsermittlung, Einwandbehandlung, Erkennen von Kaufsignalen, Abschlusstechniken und all diese Dinge „gelehrt“ bekommen hat. Ich denke, dass es für zukunftsorientierte Vertriebsorganisationen vielmehr notwendig ist, dass sie es schaffen, eine Verhaltensveränderung bei ihren Mitarbeitern zu erreichen. Kunden benötigen niemanden, der ihnen sagt, wie sie bestimmte Produkte oder Dienstleistungen beschaffen können und was diese Produkte so alles leisten. Diese Antworten bietet JEDEM Kunden heute bereits umfangreich das Internet.
Aber wie können aus Sicht der Kunden DEREN betriebliche oder gar unternehmerische Probleme gelöst werden? Ist der Vertrieb darauf ausgebildet und vor allem motiviert genau dies zu tun? Sagen motivierte Vertriebsmitarbeiter ihren Kunden, warum Sie mit ABC zusammenarbeiten sollen, anstatt was man alles leisten kann? Und vor allem, sagen Führungskräfte es auch ihren Mitarbeitern und leben dies vor? Oder sagen sie einfach nur: „Geht raus und schießt mehr Tore!“?
Sehr geehrter Herr Mehlan,
ich kann Ihren Beitrag zu 100% unterschreiben. Seit mehr als 25 Jahren bin ich im Vetrieb tätig und erlebe es leider nahezu täglich, dass es nur um die Ergebnisse geht und nicht das wie. Mittlerweile habe ich mich selbstständig gemacht und betreue sowohl im B2B als auch B2C Kunden in strategischen Fragen, ihr Unternehmen nachhaltig zu entwickeln. Und dies mit großem Erfolg und enormer Nachfrage.
Da mittlerweile in vielen Vertriebsfirmen Investoren, Shareholder sitzen, die nur den kurzfristigen Erfolg sehen, drängt sich schon der Gedanke auf, ob diese Entwicklung gewollt ist. Denn so trägt der Kunde alleine die Kosten und die Vertriebsunternehmen sind „fein“ raus.
In meinen Augen geht der Trend immer mehr dahin, das „Outsourcing“ auch bei den fundamentalen Vertriebsaufgaben zu erreichen. Und all das nur aus Kostenoptimierungsgründen. Ich bin auch viel im Ausland unterwegs. Andere Länder sind, was den „Dienstleistungsgedanken“ anbelangt, der deutschen Wirtschaft um Längen voraus.
Aber unsereins gibt nicht auf. Und die gute Resonanz auf die Arbeit gibt einem Recht.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Sander